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Lanny
Hardcover
224 Seiten; 192 mm x 126 mm
Sprache Deutsch
1. Auflage, neue Ausgabe
2019 Kein & Aber
ISBN 978-3-0369-5793-7
 

Besprechung

»Ein aufwühlender, spannender, stilistisch beeindruckender Roman.« Guy Helminger, Luxemburger Tageblatt, 31.10.2020 Luxemburger Tageblatt 20201031

Kurztext / Annotation

Die berührende Geschichte eines ungewöhnlichen Jungen


Langtext

Ein kleines abgelegenes Dorf. Es gehört den Menschen, die dort leben, ihren Freuden und Sorgen, ihrem Alltag und ihren Legenden. Doch es gehört auch dem mythischen Altvater Schuppenwurz, der aus seinem Schlaf erwacht ist, dem dörflichen Treiben zusieht und lauscht, immer auf der Suche nach seiner Lieblingsstimme: der Stimme von Lanny.Der neue Roman von Max Porter ist eine bewegende Warnung davor, was wir zu verlieren haben, und eine Hymne an alles, was wir nie ganz verstehen werden.


Textauszug

LANNYS MUM

Und da nun der Klang eines Lieds,
warmer kreatürlicher Atem.
Mein singendes Kind,
mit seinen Gaben.
Einen Augenblick später erst merke ich, er ist es
nicht.
Lanny?

LANNYS DAD

Ich sitze in der City am Schreibtisch, und die Vorstellung, dass er eine Bahnstunde entfernt existiert, im Dorf seinen Tag beginnt, mit seinem andersartigen Gehirn herumspaziert, scheint fast unmöglich. Hier bei der Arbeit kann ich kaum glauben, dass wir ein Kind haben und dass das Lanny ist. Wären meine Eltern noch da, sie würden bestimmt sagen, Nein, Robert, du hast ihn geträumt. So sind Kinder nicht. Geh wieder ins Bett. Geh wieder an die Arbeit.
In seinem Zeugnis stand: »Lanny hat so viel Gemeinsinn. Er kann eine unbändige Klasse mit einem einzigen gut platzierten Witz oder einem Lied beruhigen.« Nüchtern betrachtet leuchtet das ein. Es klingt sehr nach Lanny. Aber woher hat er diese Gaben? Habe ich sie auch? Was oder wer soll den derart begabten Lanny an die Hand nehmen? Verdammt, das sind wir. Wer kriegt schon Kinder und wird nicht verrückt?
»Lanny ist sehr sprachbegabt, sein zum Weltbuchtag verfasstes Akrostichon Tarka der Otter wurde dem Schulleiter vorgelegt und mit einem goldenen Ulmensticker für herausragende Leistungen versehen.«
Bitte? Wovon redet ihr da? Ich will auch einen Sticker.


PETE

Das war in der Zeit, da ich vor allem Skelette toter Tiere sammelte und bearbeitete. Meist Vögel. Ich zerlegte sie, überzog sie mit Blattgold, setzte sie falsch wieder zusammen und hängte sie an Drahtgestelle. Kleine Mobiles fehlkonstruierter Vögel. Ich hatte rund ein Dutzend davon. Die Galerie brauchte was zum Ausstellen. Zum Verkaufen.
Ich machte auch Gipsabdrücke verschiedener Rinden. Die kombinierte ich mit Textfragmenten in Kästen. Und es gab Zeichnungen. Ein paar halbwegs anständige Drucke. Serien. Stille Sachen.
Eines Morgens kam sie ins Atelier und brachte mir einen Ast mit zwei perfekten Armen. Sie hatte von mir mal eine Holzskulptur gesehen.
Aus ein paar gelegentlich auf der Straße gewechselten Worten waren Stippvisiten geworden, ein-, zweimal die Woche auf eine Tasse Tee. Mal mit Lanny, mal allein. Sie wohnten erst ein oder zwei Jahre im Dorf.
Sie hatte einen grob gehauenen Mann von mir gesehen, einen Christus ohne Kreuz, und sie hatte in dem heruntergefallenen Ast die Möglichkeit eines zweiten erkannt.
Sehr aufmerksam, sagte ich.
Jederzeit, Pete, sagte sie.
Ich mochte sie. Konnte gut mit ihr reden. Warm, ein scharfes Auge. Ich zeigte ihr oft meine Arbeiten, und sie hatte Interessantes dazu zu sagen. Sie brachte mich zum Lachen, machte aber immer rechtzeitig den Abflug.
Schien zu spüren, wann mir nicht nach Gesellschaft war.
Sie war Schauspielerin, Bühne, dann ein bisschen Fernsehen. Dazu hatte sie gute Geschichten auf Lager. Zu den ganzen Arschlöchern im Betrieb. Nicht gerade meilenweit entfernt von der Kunstszene, wie ich sie kannte.
Die Schauspielerei fehlte ihr nicht, aber sie langweilte sich gelegentlich, wenn Lanny in der Schule war und ihr Mann in der Stadt. Sie schreibe ein Buch, sagte sie. Spannungsliteratur, einen Krimi. Wahrscheinlich furchtbar brutal, sagte ich.
Ja, brutal und furchtbar, sagte sie, aber eben spannend.
Oft setzte sie sich zu mir, wenn ich arbeitete. Sie hatte der Galerie ohne mein Wissen eines meiner Werke abgekauft. Eines meiner guten Großreliefs. Ich sagte, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihr einen Freundschaftspreis gemacht, und sie sagte, Eben, Pete.
Ich mochte sie.
Sie hantierte oft mit irgendwelchen herumliegenden Sachen.
Drähten. Einem Bleistift. Zweigen.
Nur zu, sagte ich einmal, mach was draus.
Oh nein, visuell bin ic


Biografische Anmerkung zu den Verfassern

Max Porter, 1981 geboren, studierte Kunstgeschichte und arbeitete jahrelang als unabhängiger Buchhändler und Lektor. Sein international gefeiertes Debüt Trauer ist das Ding mit Federn (2015) wurde u. a. mit dem International Dylan Thomas Prize und dem Europese Literatuurprijs ausgezeichnet. Mit Lanny (2019) stand Max Porter auf der Longlist des Booker Prize. Shy (2023) erreichte sofort nach Erscheinen Platz 1 der Sunday-Times-Bestsellerliste. Sein Werk wurde in über dreißig Sprachen übersetzt.

Uda Strätling, Übersetzerin von AutorInnen wie Aldous Huxley, Teju Cole und Marilynne Robinson, hat für Kein & Aber gemeinsam mit Matthias Göritz die Romane von Max Porter übersetzt.


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