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Vater Morgana

Vater Morgana

Eine persische Familiengeschichte

von Niavarani, Michael

Allg. Handelsw.
Piper Verlag GmbH
ISBN 978-3-492-26438-9
 

Inhalt

Autorentext: Michael Niavarani, geboren 1968 in Wien, begann 1986 eine Schauspielausbildung bei Michael Mohapp und Dany Sigel. Nach vielen Auftritten im Kurztext: »Eine verrückte Familiengeschichte mit viel Kultur.« Die Presse am Sonntag Autorenportrait Michael Niavarani, geboren 1968 in Wien, begann 1986 eine Schauspielausbildung bei Michael Mohapp und Dany Sigel. Nach vielen Auftritten im Kurztext: »Eine verrückte Familiengeschichte mit viel Kultur.« Die Presse am Sonntag Leseprobe Erster Teil
Dariush Ansari
Auferstehung in London I
Manche Begegnungen mit Menschen in unserem
Leben sind seltsam, unangenehm, befremdlich
und sehr erstaunlich, so zum Beispiel, wenn
man seinem eigenen Vater drei Monate, nachdem er
begraben wurde in einem Lokal in London gegenübersitzt.
Es war ein sonniger Tag Anfang März und ich war
vor einer Stunde am Londoner Flughafen Heathrow
angekommen, fuhr mit dem Heathrow Express bis zur
Paddington Station, nahm dort ein Taxi nach Covent Garden
und stieg vor dem persischen Restaurant Simurgh,
in dem wir verabredet waren, aus, um auf meine Tante
Agathe zu warten, die sich, wie sie mir per SMS mitgeteilt
hatte, verspäten würde, da der Abendverkehr in
London extrem stark war.
Ich war nicht zum ersten Mal in London. Im Laufe
meiner vielen Besuche habe ich eine kleine Routine entwickelt.
Ich erreiche die Paddington Station, trinke in
einem der Bahnhof-Cafés meinen ersten englischen Tee
mit Milch, blättere die Times durch, die ich mir bereits
am Flughafen gekauft habe, und "komme in London an"
wie ich dieses Ritual nenne. Fahre dann entweder
zu meiner Tante Agathe nach Pinner, fünf U-Bahnstationen
nach Wembley Park, oder ins Hotel, je nachdem, wo
ich dieses Mal übernachte. Ich übernachte meist nicht bei
Tante Agathe, weil ich selten allein in London bin, und
ein romantisches Wochenende macht sich in der Stadt
besser als in dem Vorort Pinner. Auch ist man ohne Tante
Agathe unabhängiger, was mit Lebensgefährtin immer
besser ist. Noch dazu ist Tante Agathe gar keine wirkliche
Tante, zumindest nicht meine, beziehungsweise: Sie
war einmal meine Tante, als sie noch mit meinem Onkel
Fereydoun verheiratet war und mit ihm in Wien lebte.
Nach der Scheidung ging sie aus Schmerz und Verzweiflung
nach England, um Urlaub zu machen und sich zu
verlieben. Nicht in einen anderen Mann, sondern in London.
In das London der 70er Jahre.
Komischerweise ist der Kontakt zu ihr nie abgerissen,
wahrscheinlich, weil ein Platz zum Schlafen in London
immer gut ist, was meine Schwester und ich in unserer
Jugend gerne schamlos ausnutzten, und vor allem, weil
Tante Agathe einer der nettesten, liebsten und unkompliziertesten
Menschen in unserer Familie ist. Wahrscheinlich
mit ein Grund, weshalb sie nicht mehr dazugehört.
Diesmal hatte ich keine Zeit, mein "Ich-komme-in-
London-an"-Ritual zu zelebrieren. Wir waren um 7 p. m.
mit meinem wiederauferstandenen Vater in Covent Garden
verabredet und mir blieb nicht einmal die Zeit, am
Flughafen eine Times zu kaufen, da ich keinen früheren
Flug nach London bekommen hatte können. Ich hatte
genau 45 Minuten, um von Heathrow nach Covent Garden
in die Garrick Street Nummer 17 zu kommen, was
schon bei normalem Londoner Verkehr an die vierzehn
Stunden dauert.
Es war zwei Minuten vor sieben. Wahrscheinlich war
mein Vater schon da. Ich starrte auf das Schild über dem
Eingang: "Simurgh" stand da zu lesen. Ich kannte dieses
Restaurant nicht, es war neu und ich hatte London zum
letzten Mal vor drei Jahren besucht. Der Name erinnerte
mich an etwas Unangenehmes. Etwas Bedrohliches.
Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Schließlich
war ich sehr angespannt. Andererseits kam mir der
Name Simurgh sehr bekannt vor. Irgendetwas hatte es
mit diesem Namen auf sich, aber im Augenblick kam ich
nicht dahinter. Mein alarmiertes Stammhirn verlangte
nach Beruhigung: "Wahrscheinlich ist es einfach ein persischer
Vorname und ich habe von jemandem namens
Simurgh gehört! Vermutlich heißt ein Freund meines
Vaters so!?"
Ich sah Tante Agathe aus ihrem Wagen steigen, winkte
ihr kurz zu und hob dann meinen Kopf, schloss meine
Augen, spürte kurz die Wärme der Londoner Wintersonne
auf meinem Gesicht, dachte noch ein Mal an
Simurgh und was es bedeuten könnte und atmete schließlich
tief durch: Gleich werden ich und Tante Agathe
meinem
Vater gegenübersitzen, einem Toten, der vor drei
Monaten gestorben ist ...
Se Klappentext Es kann zu Verwicklungen kommen, wenn man versucht, die deutsch-österreichisch-amerikanisch-schwedisch-britisch-persische Familie endlich einmal unter dem Christbaum zu versammeln oder "Nowrouz" - das persische Neujahrsfest zu Frühlingsbeginn - gemeinsam zu feiern. Es kommt aber definitiv zu einer globalen Katastrophe, wenn man den Tod des eigenen Vaters vor dessen Mutter geheimhalten muss, weil die liebe Verwandtschaft befürchtet, dass Måmånbosorg, die persische Omi, diesen Schock nicht überleben wird. Autorentext: §06§»Eine verrückte Familiengeschichte mit viel Kultur.« Die Presse am Sonntag§15§Es kann zu Verwicklungen kommen, wenn man versucht, die deutsch-österreichisch-amerikanisch-schwedisch-britisch-persische Familie endlich einmal unter dem Christbaum zu versammeln oder "Nowrouz" - das persische Neujahrsfest zu Frühlingsbeginn - gemeinsam zu feiern. Es kommt aber definitiv zu einer globalen Katastrophe, wenn man den Tod des eigenen Vaters vor dessen Mutter geheimhalten muss, weil die liebe Verwandtschaft befürchtet, dass Måmånbosorg, die persische Omi, diesen Schock nicht überleben wird.§09§Erster Teil
Dariush Ansari
Auferstehung in London I
Manche Begegnungen mit Menschen in unserem
Leben sind seltsam, unangenehm, befremdlich
und sehr erstaunlich, so zum Beispiel, wenn
man seinem eigenen Vater drei Monate, nachdem er
begraben wurde in einem Lokal in London gegenübersitzt.
Es war ein sonniger Tag Anfang März und ich war
vor einer Stunde am Londoner Flughafen Heathrow
angekommen, fuhr mit dem Heathrow Express bis zur
Paddington Station, nahm dort ein Taxi nach Covent Garden
und stieg vor dem persischen Restaurant Simurgh,
in dem wir verabredet waren, aus, um auf meine Tante
Agathe zu warten, die sich, wie sie mir per SMS mitgeteilt
hatte, verspäten würde, da der Abendverkehr in
London extrem stark war.
Ich war nicht zum ersten Mal in London. Im Laufe
meiner vielen Besuche habe ich eine kleine Routine entwickelt.
Ich erreiche die Paddington Station, trinke in
einem der Bahnhof-Cafés meinen ersten englischen Tee
mit Milch, blättere die Times durch, die ich mir bereits
am Flughafen gekauft habe, und "komme in London an"
wie ich dieses Ritual nenne. Fahre dann entweder
zu meiner Tante Agathe nach Pinner, fünf U-Bahnstationen
nach Wembley Park, oder ins Hotel, je nachdem, wo
ich dieses Mal übernachte. Ich übernachte meist nicht bei
Tante Agathe, weil ich selten allein in London bin, und
ein romantisches Wochenende macht sich in der Stadt
besser als in dem Vorort Pinner. Auch ist man ohne Tante
Agathe unabhängiger, was mit Lebensgefährtin immer
besser ist. Noch dazu ist Tante Agathe gar keine wirkliche
Tante, zumindest nicht meine, beziehungsweise: Sie
war einmal meine Tante, als sie noch mit meinem Onkel
Fereydoun verheiratet war und mit ihm in Wien lebte.
Nach der Scheidung ging sie aus Schmerz und Verzweiflung
nach England, um Urlaub zu machen und sich zu
verlieben. Nicht in einen anderen Mann, sondern in London.
In das London der 70er Jahre.
Komischerweise ist der Kontakt zu ihr nie abgerissen,
wahrscheinlich, weil ein Platz zum Schlafen in London
immer gut ist, was meine Schwester und ich in unserer
Jugend gerne schamlos ausnutzten, und vor allem, weil
Tante Agathe einer der nettesten, liebsten und unkompliziertesten
Menschen in unserer Familie ist. Wahrscheinlich
mit ein Grund, weshalb sie nicht mehr dazugehört.
Diesmal hatte ich keine Zeit, mein "Ich-komme-in-
London-an"-Ritual zu zelebrieren. Wir waren um 7 p. m.
mit meinem wiederauferstandenen Vater in Covent Garden
verabredet und mir blieb nicht einmal die Zeit, am
Flughafen eine Times zu kaufen, da ich keinen früheren
Flug nach London bekommen hatte können. Ich hatte
genau 45 Minuten, um von Heathrow nach Covent Garden
in die Garrick Street Nummer 17 zu kommen, was
schon bei normalem Londoner Verkehr an die vierzehn
Stunden dauert.
Es war zwei Minuten vor sieben. Wahrscheinlich war
mein Vater schon da. Ich starrte auf das Schild über dem
Eingang: "Simurgh" stand da zu lesen. Ich kannte dieses
Restaurant nicht, es war neu und ich hatte London zum
letzten Mal vor drei Jahren besucht. Der Name erinnerte
mich an etwas Unangenehmes. Etwas Bedrohliches.
Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Schließlich
war ich sehr angespannt. Andererseits kam mir der
Name Simurgh sehr bekannt vor. Irgendetwas hatte es
mit diesem Namen auf sich, aber im Augenblick kam ich
nicht dahinter. Mein alarmiertes Stammhirn verlangte
nach Beruhigung: "Wahrscheinlich ist es einfach ein persischer
Vorname und ich habe von jemandem namens
Simurgh gehört! Vermutlich heißt ein Freund meines
Vaters so!?"
Ich sah Tante Agathe aus ihrem Wagen steigen, winkte
ihr kurz zu und hob dann meinen Kopf, schloss meine
Augen, spürte kurz die Wärme der Londoner Wintersonne
auf meinem Gesicht, dachte noch ein Mal an
Simurgh und was es bedeuten könnte und atmete schließlich
tief durch: Gleich werden ich und Tante Agathe
meinem
Vater gegenübersitzen, einem Toten, der vor drei
Monaten gestorben ist ...
Se§01§Michael Niavarani, geboren 1968 in Wien, begann 1986 eine Schauspielausbildung bei Michael Mohapp und Dany Sigel. Nach vielen Auftritten im


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