Erweiterte Suche

Unser

Service

Service

Aktuelle

Events

Events

Bewertungen von Leser/innen

Rezension verfassen


  • Fall 2 für Gina Angelucci, Mutter, Partnerin und Spezialistin für “Cold Cases” in München. Aus ein paar realen Dokumenten und Begebenheiten spinnt Inge Löhnig einen Kriminalroman um Heimat, Verbrechen und Schuld. Die Motive, nach denen Menschen Verbrechen begehen und begangen haben, sind oftmals “banal”, die Geschichten wie es dazu kam dafür meist sehr vielfältig.

    Dies trifft auch auf diesen Roman zu. Sobald in Altbruck, einem fiktive Dorf nach München, menschliche Knochen gefunden werden und Gina und Kollegen sich mit allen Mitteln in ihre Ermittlungen vertiefen, gerät das Buch zum Pageturner.

    Kurze Kapitel und schnelle Handlungswechsel zwischen Ginas Arbeit, ihrem Privatleben und dem Leben in Altbruck mitsamt den Problemen der Bewohner bringen angenehme Abwechslung rein. Gespickt wird alles mit Rückblicken ins Jahr 1944, dem Jahr, als die Morde an den nun gefundenen Opfern begangen wurden.

    Es ist faszinierend zu lesen, wie die Abteilung für ungelöste Fälle mit einer Mischung aus der üblichen Tatortarbeit, modernen wissenschaftlichen Methoden, mühsamen Befragungen und (Internet-) Recherche langsam und stetig Puzzleteil für Puzzleteil zusammensetzen und Identitäten, Umstände, Beteiligte, Mitwisser langsam freilegen.

    Das Ende hat mehrere Facetten und lässt einen zwiegespalten zurück. Es ist wohl wie im realen Leben auch: Es gibt schöne Momente, berührende und solche, die man gerne anders gehabt hätte. Nicht alles lässt sich klären, Krimis sind kein Wunschkonzert.

  • Unbarmherzig, Kriminalroman von Inge Löhnig, 384 Seiten, erschienen im Ullstein Verlag.
    Gina Angelucci ermittelt in ihrem zweiten Fall.
    Die Kommissarin Gina Angelucci ist nach ihrer Elternzeit wieder ins Kommissariat „Cold Cases“ für ungeklärte Altfälle, K12 zurückgekehrt. Dort gibt es jede Menge zu tun, doch Skelettfunde in Altbruck etwas nördlich von München lassen sie nicht los. Gegen den Widerstand des Oberstaatsanwalts beginnt sie zu ermitteln. Die erste Spur führt in das neu ausgewiesene Gewerbegebiet der Gemeinde, wo sich zur Zeit des Nationalsozialismus eine Munitionsfabrik befand. Das männliche Skelett scheint zu einem jungen Mann zu gehören der aus der Nähe kam und in den letzten Kriegsmonaten verschwunden ist, das weibliche Opfer jedoch, welches aus dem Baltikum zu stammen scheint, gibt Rätsel auf. Könnte es sich um die sterblichen Überreste einer jungen Lettin handeln die zeitgleich mit dem jungen Mann verschwunden ist? Gina will es sich zur Aufgabe machen, den Toten ihre Identität wieder zu geben. Doch nicht alle Bewohner des Dorfes sind an einer Lösung des Falls interessiert.
    Schon im Prolog ist der Leser dabei als ein Liebespaar erschossen wird, die Spannung setzt also unmittelbar bei Beginn des Buches ein. 51 Kapitel in angenehmer Länge, lebhafte Dialoge, zum Teil im Dialekt, was mir besondere Freude machte, bildhafter Schreibstil und hervorragend gezeichnete Charaktere waren der Grund, warum ich sofort in Lesefluss kam und ungern die Lektüre unterbrach. Bis der Fall geklärt und der letzte Satz gelesen war fiel es mir schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu legen. Die Autorin verwendete die auktoriale Erzählweise, der Leser ist also immer nah am Geschehen und etwas besser informiert als die ermittelnden Beamten. Es handelt sich um einen Plot in zwei Zeitebenen, zum einen kursiv geschrieben und somit deutlich hervorgehoben, der Rückblick ins Jahr 1944, als Tagebucheintrag der Lettin Kairi. Zum anderen die Gegenwart, die die Ermittlungsarbeit und das nicht minder aufregende Privatleben der Kommissarin aufzeigt. Gleichzeitig wird auch ein langjähriges Eifersuchtsdrama, und eine daraus resultierende, mir sehr zu Herzen gehende, Familienfehde erzählt. Löhnig hat mich mit diesem atmosphärisch dichten Kriminalroman hervorragend unterhalten, obwohl ich den Vorgängerband nicht gelesen habe hatte ich keinerlei Mühe der Geschichte zu folgen. Besonders anrührend fand ich die Bestrebungen der Protagonistin, den Familien der Opfer, nach so vielen Jahren noch die Gewissheit über das Schicksal ihrer Lieben zu geben. Das wurde auch im Buch zu einem zufriedenstellenden Abschluss gebracht. Die Charaktere sind gut gelungen. Gina war natürlich meine Lieblingsfigur, eine gute Polizistin und Mutter. Den beiden verfeindeten Cousinen Lisbeth und Toni gehörte meine Sympathie, wie auch der jungen Zwangsarbeiterin Kairi. Ihre Notizen im Tagebuch haben mich zu Tränen gerührt. Inge Löhnig gibt allen Figuren ihre Geschichte, selbst den eher unbedeutenden. Ein überaus ergreifender Plot aus der Nazi-Zeit und die Spannung aus den gegenwärtigen Ermittlungen ,dazu der private Stalker-Fall. Ich bin begeistert und der Vorgängerband steht nun ganz oben auf meiner Leseliste.
    Ich hoffe, dass es noch weitere Gelegenheiten gibt, Gina Angelucci, ihre sympathische Familie und die tüchtigen Kollegen, bei weiteren Fällen zu begegnen. Eine absolute Leseempfehlung für die Fans von Inge Löhnig. Ein mitreißender Krimi, der alles hat, was eine fesselnde Geschichte braucht, deshalb von mir 5 Sterne.

  • Gina Angelucci, Spezialistin für Cold Cases bei der Münchner Kripo, ist aus der Elternzeit in den Dienst zurückgekehrt. Ihr Ehemann und Kollege Tino Dühnfort betreut die kleine Tochter. Als in dem idyllischen Dorf Altbruck zwei Leichen gefunden werden, die mehrere Jahrzehnte verscharrt gewesen waren, übernimmt Gina die Ermittlungen. Die Identität der Toten nach so langer Zeit zu klären, erscheint zunächst als unlösbare Aufgabe. Dann wird klar, dass das weibliche Opfer aus dem Baltikum stammt. War sie eine Zwangsarbeiterin? Während Gina einen Mörder sucht, der vielleicht selbst nicht mehr am Leben ist, bemerken sie und Tino nicht, dass ihnen jemand ihr privates Glück missgönnt und es zerstören will.

    Dies war mein erstes Buch von Inge Löhnig und sie hat mich damit direkt als Fan gewonnen.
    Löhing hat mit Gina Angelucci eine sympathische und resolute Hauptfigur geschaffen. Gina ist nicht zu stark oder zu sehr Superheld. Sie macht auf mich einen cleveren aber normalen Eindruck und z.B. zu erfahren, dass sie sich die gleichen Sorgen macht, wie die meisten arbeitenden Mütter, hat den positiven Eindruck verstärkt. Mir hat es gefallen, mit welcher Empathie Gina an den Fall herangegangen ist und dass sie nichts mehr wollte, als den Fall aufzuklären.
    Ihr Partner Holger ist dabei ein netter Sidekick, der zwar nicht viel im Vordergrund steht aber trotzdem wichtig für den Fall ist.
    Obwohl ich den Vorgängerband nicht kenne, hatte ich auch bezüglich der Ehe mit Tino nicht das Gefühl, dass mir Informationen fehlen. Die wichtigsten Dinge wurden nebenbei noch mal wiederholt, so dass ich immer auf dem richtigen Stand war.
    Der Fall ist gut recherchiert und neben vergangenen Themen, wie der Zwangsarbeit im zweiten Weltkrieg, geht es auch viel um aktuelle Themen, wie den Rechtsruck der in einigen Teilen Deutschlands passiert. Man merkt dabei deutlich, welche Stellung die Autorin bezieht, dies bindet sie jedoch so geschickt in die Story ein, dass in keiner Weise wie etwas wirklich Politisches daherkommt.
    Die gesamten Ermittlungen waren für mich sehr spannend. Ich habe mitgerätselt und auf jeden weiteren Hinweis gewartet. Jedes Puzzleteil was sich hinzufügte, hat alles noch interessanter gemacht. Die Spannungskurve ist konstant hoch geblieben.
    Neben dem eigentlichen Fall taucht dann auch noch eine Stalkerin auf, um die sich Gina und Tino kümmern müssen, was eine weitere Spannungsebene bedeutete. Das hat mir gefallen, denn so kam nicht dieser eingekapselte Eindruck auf, als würden die Ermittler immer nur für den einen Fall exisiteren.
    Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und ich werde die anderen Bücher auf jeden Fall noch lesen.

  • In dem idyllischen Dorf Altbruck werden die Gebeine eines Mannes und einer Frau gefunden, die wohl schon vor Jahrzehnten verscharrt worden waren. Offenbar sind die Knochen durch Bauarbeiten freigelegt worden.
    Gina Angelucci, Lebenspartnerin von Tino Dühnfort, den so mancher Leser aus der Dühnfort-Reihe der Autorin kennen wird, ist Spezialistin für alte, ungelöste Fälle und kehrt gerade aus der Elternzeit zurück. Voller Elan, aber auch voller Empathie für die Opfer und deren Familien, widmet sich Angelucci dem Fall, stößt dabei aber auf allerlei Vorbehalte seitens des Oberstaatsanwalts, aber auch einiger Dorfbewohner. Allen voran der Bürgermeisters und natürlich auch der Besitzers der beteiligten Baufirma versuchen, Gina Angeluccis Arbeit zu behindern. Immerhin müssen die Bauarbeiten für das örtliche Gewerbegebiet ruhen, bis die Ermittlungen angeschlossen sind.
    Durch spezielle Analysen kann die Gerichtsmedizin feststellen, dass es sich um die sterblichen Überreste eines jungen Mannes, der aus der Region stammt, und einer jungen Frau aus dem Baltikum handeln muss. Schnell rückt die ehemalige ,,Heeresmunitionsanstalt“, die sich zur Zeit des 2. Weltkriegs in Altbruck befunden hatte, in den Fokus. Dort wurden u.a. Strafgefangene, aber auch Zwangsarbeiter aus dem Baltikum eingesetzt. Diese Vergangenheit wollen aber die meisten lieber ruhen lassen.
    In relativ kurzen Kapiteln rücken immer wieder verschiedene Personen in den Fokus. Neben den Personen der Gegenwart wie z.B. Ella Loibl, die die Gebeine gefunden hat, gibt es zahlreiche weitere Familienmitglieder, die seit Jahrzehnten miteinander zerstritten sind. Diese Familiengeschichte wird geschickt mit dem Schicksal der baltischen Zwangsarbeiterin Kairi verknüpft. In einzelnen Kapitel darf auch sie, mit Hilfe eines aufgefundenen Tagebuchs, zu Wort kommen. Dadurch wird ihr Schicksal besonders eindrücklich und anrührend geschildert.
    Auch das Privatleben Angeluccis und Dühnforts mit ihrer Tochter Chiara, die das Down-Syndrom hat, kommt nicht zu kurz.
    Löhnig versteht es, Vergangenes anschaulich und spannend mit aktuellen Themen zu verknüpfen und dies durch einen lockeren, unanstrengenden Stil unterhaltsam zu vermitteln.
    Das Ende bleibt, nicht für den Leser, aber für einige Beteiligten, offen. Dies empfinde ich aber als durchaus realistisch.
    Mein einziger Kritikpunkt ist, dass manches aktuelle Thema etwas zu bemüht eingebaut wird, z.B. die Stalkerin, die an Gina Rache üben will, oder der der Opferschutz-Beauftragte Seidl, der nicht nur konservativ, sondern auch noch Anhänger der Identitären Bewegung ist. Diese Nebenstränge sind meiner Meinung nach unnötig.

  • Trotz Unkenntnis der Autorin Inge Löhnig stellt sich UNBARMHERZIG nach dem Lesen als ein wahrer Glücksgriff heraus. Die Geschichte und der Schreibstil sind phänomenal. So unaufdringlich und klar, dadurch wird jede Seite ein Leseerlebnis. Münchner Lokalkolorit, aber weit entfernt von blödsinnigen Anbiederungen anderer Dorfkrimis. Hier gibt es keine Trottel und Dorfdeppen. Die Protagonisten strahlen eine überragende Authentizität aus. Glaubwürdige und nachvollziehbare Charaktere. Inge Löhnig zeigt tiefe Menschenkenntnis, bildet die Strukturen des dörflichen und familiären Miteinander perfekt ab.
    Die Verbindung von 75 Jahren Familiengeschichte zweier nicht freundschaftlich verbundenen Familien mit einem Doppelmord und die Einbindung der persönlichen Familiengeschichte von Gina Angelucci, Spezialistin für Cold Cases bei der Münchner Kripo sind eindrucksvoll.
    Nur der Hartnäckigkeit bei den Ermittlungen gelingt es Gina den Tathergang zu rekonstruieren und die Identität der beiden Toten gegen alle Widerstände festzustellen. Die Morde liegen 75 Jahre zurück und Inge Löhnig gibt mehrere sehr aufschlussreiche Rückblicke in das Jahr 1944, wie sich Leben und Arbeit mit Zwangsarbeiterinnen in einer Munitionsfabrik abspielte. Die Mordermittlungen erschweren sich, weil vermutete Täter nicht mehr am Leben sind. Letztendlich hat Gina aber das richtige Gespür, kann aber den Täter nicht (mehr) überführen.
    Die Zwistigkeiten zwischen den beiden Familien Anger und Schattenhofer werden vor allem von den Frauen erbittert geführt, bis sie sich am Grab versöhnen. Gina und ihre Familie müssen sich einer psychischen Herausforderung stellen und entgehen nur knapp einer Katastrophe. Teilweise werden die Ereignisse sehr emotional beschrieben was von großer Empathie der Autorin zeugt.
    Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für den zweiten Fall von Gina Angelucci, Spezialistin für Cold Cases.


  • Bislang hatte ich aus der Reihe rund um Kommissar Tino Dühnfort und Gina Angelucci nur einen Band gelesen (Sieh nichts Böses), und zwar mit großer Begeisterung. Genauso begeistert hatte ich gelesen Die Vergessenen von Ellen Sandberg, dem Psedonym von Inge Löhnig. Insofern freute ich mich sehr auf das vorliegende Buch.
    Worum geht es? Gina Angelucci arbeitet in der Abteilung für Cold Cases, während ihr Ehemann Tino Dühnfort die kleine Tochter Chiara betreut. Eine Radfahrerin findet in dem idyllischen Dorf Altbruck in der Nähe von München die Knochenfragmente eines Schädels. Es stellt sich heraus, dass an dieser Stelle die Gebeine von zwei Toten liegen, und zwar schon seit Jahrzehnten. Obwohl Ginas Vorgesetzter weitere Nachforschungen unterbinden will, lässt sie nicht locker, um die Identität der Toten und ihre Todesumstände zu klären. Und sie findet Verbindungen zu einer Munitionsfabrik am Ort, die während der Zeit des Nationalsozialismus Zwangsarbeiter beschäftigte. Je mehr Gina in die Thematik eintaucht, desto mehr stößt sie auf Abwehr, auf Schweigen, auf Lügen…
    Inge Löhnig erzählt in gewohnt routinierter Weise den gut durchdachten, sorgfältig recherchierten Plot. Die Personen werden psychologisch nachvollziehbar und lebendig geschildert. Insofern habe ich das Buch gerne gelesen. Und doch fehlte mir etwas. Die Geschichte wird als Kriminalroman ausgewiesen, aber ich vermisse einen konstanten, vielleicht sich noch steigernden Spannungsbogen. Ich vermisse eine verwirrende Spurenlage, die den Leser auf der Suche nach dem Täter immer wieder in die Irre führt. Für keinen der Protagonisten konnte ich echte Sympathie entwickeln, sie blieben blass, manchmal sogar unglaubwürdig. So als wären sie ohne echtes Autoren-Herzblut entstanden. In kursiv gesetzten Rückblenden erfahren wir viel über die Ausbeutung der Menschen in der Heeresmunitionsanstalt während des Zweiten Weltkrieges, aber auch Eindringliches über das Schicksal des lettischen Volkes. Das sind für mich die besten Passagen des Buches. Obwohl ich eigentlich kein Freund von Zeitsprüngen bin, passen sie in diesem Buch perfekt, weil gerade sie den Kriminalroman, wenn er denn wirklich einer ist, aus der Beliebigkeit des Krimi-Genres herausheben und mit einer wichtigen politischen Stellungnahme versehen. Mir kommt es ein wenig so vor, als hätten sich Inge Löhnig und Ellen Sandberg bei diesem Buch nicht wirklich einigen können, wer von beiden denn nun eigentlich erzählen soll…

  • Zwei Jahre Elternzeit , die sie mit ihrer kleinen Tochter Chiara verbracht hat, sind für Gina Angelucci vorbei. Nur bleibt ihr Mann Kommissar Konstantin „Tino“ Dühnfort zuhause und probiert sich an Hausarbeit und Vaterpflichten aus. Gina kehrt an ihren alten Arbeitsplatz zu den ungelösten Fällen bei der Münchner Kripo zurück. Als in dem kleinen Dort Altbruck nördlich von München menschliche Knochen gefunden werden, erwacht ihr Ehrgeiz und sie will den Toten einen Namen und den Angehörigen Klarheit über ihre Vermissten geben.


    Dies ist der zweite Fall, in dem sich Inge Löhnig der Partnerin meines Lieblingsermittlers gewidmet hat. Ich habe Gina, als ich sie kennengelernt habe, sofort ins Herz geschlossen und habe mich sehr gefreut, hier mit ihr auf Ermittlungstour gehen zu dürfen. Trotz aller Widerstände gelingt es der beharrlichen und ehrgeizigen Ermittlerin den gefundenen Knochen ein „Gesicht“ und einen Namen zu geben. Die Angehörigen haben nun endlich Gewissheit über den Verbleib ihrer Liebsten.

    Auf zwei Zeitebenen, einmal im Hier und jetzt, einmal 1944 kurz vor Kriegsende – diese Kapitel sind in kursiv dargestellt - bei den Zwangsarbeitern einer Munitionsfabrik im Norden von München, begegne ich in dem kleinen Ort Altbruck Menschen, die bis heute ihre nationalistische Gesinnung nicht abgelegt haben. Gekonnt verwebt die Autorin ihre sehr guten Recherchen zu Zwangsrekrutierungen von osteuropäischen Arbeitskräften mit den Problemen zweier heute noch zerstrittenen Familien. Sehr berührt hat mich Ginas Besuch in Lettland. Aber dazu will ich hier nicht mehr verraten.

    In diesem Krimi geht es sehr ruhig zu, was aber nicht heißt, dass er nicht spannend ist. Ich fand es sehr spannend zu lesen, was die Gerichtsmedizin aus über 90 Jahre alten Knochen alles heraus finden kann. Ich fand es spannend zu lesen, wie Gina ein kleines Puzzlestückchen nach dem anderen findet und die Teile dann auch noch richtig zusammen setzen kann. Die Spannung ist hintergründig immer präsent und hat mich festgehalten.

    Die Menschen, die hier mitspielen, haben teilweise noch Erinnerungen an die damalige Zeit, sperren diese aber in sich ein. Sie wirken durch ihre Gefühle und Gedanken, die hier sehr klar beschrieben werden, menschlich, nahbar und ich kann mich gut in sie hinein versetzen.
    Gina und Tino haben aber auch ihre privaten Probleme. Hier hin Form einer Stalkerin, die das Glück der Beiden bedroht. Und dann ist da die Frage: soll Chiara in die Kinderkrippe oder soll man sie selbst betreuen bis sie in den Kindergarten kommt. Der fast normale Alltag eines jungen Elternpaares mit einer kleinen behinderten Tochter.

    Da der Fall in sich abgeschlossen ist, kann er auch ohne Kenntnis des Vorgängerbuches gelesen werden. Es macht nur noch mehr Spaß, wenn man einige der Protagonisten schon kennt und ihren Weg bis hierher verfolgt hat.

    Inge Löhnig hat mir mal wieder einen Krimi vorgelegt, bei dem es schwer ist, das Buch aus der Hand zu legen. Spannend, sehr gut recherchiert, interessant, unterhaltsam – genau so wie ich mir eine gute Geschichte vorstelle. Meine absolute Leseempfehlung!

  • In einem recht idyllischen Dorf werden menschliche Knochen entdeckt, die offensichtlich bereits vor Jahrzehnten verscharrt wurden. Dieser Fund weckt das Interesse von Gina Angelucci, die gerade aus der Elternzeit zurückkehrt und ihren Dienst in der Cold-Case-Abteilung der Münchner Kriminalpolizei wieder antritt. Zunächst scheint es aussichtslos, die Identität der Toten und die Umstände ihres Todes zu entschlüsseln. Doch Gina Angelucci gibt nicht auf. Ihre Nachforschungen führen sie zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs....

    "Unbarmherzig" ist nach "Gedenke mein" der zweite Band der Dühnfort-Reihe, in dem Kommissar Konstantin Dünforts Frau, Gina Angelucci, im Zentrum der Handlung steht und die Ermittlungen führt. Auf ein Wiedersehen mit Tino Dühnfort darf man sich aber dennoch freuen, da er natürlich im privaten Handlungsstrang eine große Rolle spielt und sich die beiden über den Fall austauschen. Da die Bände in sich abgeschlossen sind, kann man sie unabhängig voneinander lesen. Dem aktuellen Geschehen kann man auch dann problemlos folgen, wenn man noch keinen Teil der Reihe gelesen hat. Zum besseren Verständnis der privaten und beruflichen Nebenhandlungen, und der Weiterentwicklung der Charaktere, empfiehlt sich allerdings, wie bei jeder anderen Bücherserie auch, die Einhaltung der vorgesehenen Reihenfolge.

    Der Einstieg in den Krimi gelingt mühelos, denn Inge Löhnig versteht es wieder hervorragend, das Interesse am Fall und seinen Hintergründen zu wecken. In einem kurzen Rückblick in die Vergangenheit beobachtet man, was an dem Tag geschah, an dem die beiden Menschen, deren Knochen im aktuellen Fall gefunden werden, ihr Leben verloren. Dabei wird nicht zu viel verraten, sodass man gemeinsam mit Gina Angelucci auf Spurensuche gehen, und dabei eigene Überlegungen anstellen kann.

    Das Rätsel um die beiden Toten ist nicht so leicht zu durchschauen. Inge Löhnig legt Spuren aus, denen man nur allzu bereitwillig folgt. Allerdings ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint und deshalb muss man die eigenen Überlegungen oft überdenken und neu ansetzen. Dadurch bleibt die früh aufgebaute Spannung durchgehend erhalten. Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und außerdem gibt es immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit. Handlungsorte und Protagonisten werden dabei so lebendig beschrieben, dass man mühelos ins Geschehen eintauchen und die Nachforschungen genießen kann.

    Die rätselhaften Ermittlungen, die in die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurückführen, sorgen allerdings nicht alleine für Spannung. Auch im Privatleben von Gina Angelucci und Tino Dühnfort stellt sich recht früh eine bedrohliche Atmosphäre ein. Eine unbekannte Frau beobachtet Gina, Tino und die kleine Tochter. Die beiden erfahrenen Ermittler haben kein gutes Gefühl dabei. Dieser Handlungsstrang sorgt für zusätzliche Spannung.

    Ich habe bisher alle Bände der Reihe mit großer Begeisterung gelesen und auch bei diesen Ermittlungen wurde ich nicht enttäuscht. Denn der alte Fall war äußerst interessant, die Charaktere lebendig und die aktuellen Ereignisse im privaten Bereich sorgten für zusätzliche Spannung. Ich bin hier voll auf meine Kosten gekommen und habe das Buch beinahe in einem Rutsch verschlungen.

  • Auf einem Kiesablageplatz in Altbruck werden Skelettteile zweier Personen gefunden, die vor siebzig bis achtzig Jahren ermordet wurden. Kriminalhauptkommissarin Gina Angelucci von der Münchner Mordkommission arbeitet mit ihren beiden Kollegen Thomas Wilzoch und Holger Morell in der Abteilung für ungeklärte Altfälle, sie soll diesen alten Mordfall neu aufrollen. Die Ermittlungen gestalten sich angesichts der langen Zeitspanne, die seit den Morden verstrichen ist, als schwierig. Doch Ginas Leidenschaft für ungelöste Fälle und ihr Hang zu unkonventionellen Alleingängen veranlassen sie dazu, sich über sämtliche Hindernisse hinwegzusetzen. Gina möchte mit allen Mitteln die Identität der Opfer, ihre Geschichte, das Mordmotiv, und die Person des Täters ausforschen. Oberstaatsanwalt Jochen Poschmann fühlt sich durch Politik und Presse unter Druck gesetzt und verlangt von der Kommissarin und ihren Kollegen innerhalb kürzester Zeit Ergebnisse. Doch der Mord geschah in den Wirren des Krieges, Familienangehörige und Zeitzeugen sind vermisst, verschollen oder bereits verstorben, die Spur ist längst kalt. „Die Zeit arbeitete gegen die Wahrheit und für das Vergessen“ – mit dieser Aussage möchte Gina Angelucci sich jedoch nicht abfinden, und letztendlich wird ihre Hartnäckigkeit von Erfolg gekrönt.

    Mit der vorliegenden Neuerscheinung „Unbarmherzig“ hielt ich das erste Buch von Inge Löhnig in meinen Händen. Obgleich es sich hierbei um den zweiten Fall der Reihe um die Kriminalkommissarin Gina Angelucci handelt, fand ich mich mühelos in der Geschichte zurecht. Die Autorin besitzt einen sehr flüssigen und einnehmenden Schreibstil, sie versteht es geschickt, den Leser ans Buch zu fesseln. Der brutale Mord und die interessante Ermittlungsarbeit der Kriminalbeamten bringen Spannung ins Buch, die Neugier auf die Identität des Täters wird geweckt. Rückblenden in die Vergangenheit erzählen von einer Munitionsfabrik der Nazis, in der zweitausend Kriegsgefangene, Sträflinge und Zwangsarbeiter tätig waren. Detaillierte Orts- und Zeitangaben ermöglichen eine gute Orientierung im steten Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Fokus ist auf die Protagonistin Gina Angelucci, ihre Kollegen, und ihre Familie gerichtet. Im Erzählstrang, der sich mit der Vergangenheit befasst, spielt eine junge Zwangsarbeiterin aus Riga namens Kairi Naujokate die Hauptrolle. Ihre Verschleppung, die beschwerliche Reise zur Heeresmunitionsanstalt und ihr hartes, entbehrungsreiches Leben in Altbruck werden dem Leser überzeugend nahegebracht. Inge Löhnig stellt ihren Protagonisten zahlreiche Nebenfiguren zur Seite und streut darüber hinaus einige Verdachtsmomente. Auch dem Privatleben von Gina Angelucci wird große Aufmerksamkeit zuteil, der Kommissarin und ihrer Familie droht Gefahr aus völlig unerwarteter Richtung. Ich empfand sowohl die Charakterzeichnung der handelnden Personen, als auch die Darstellung ihrer Konflikte als äußerst gelungen.

    FAZIT: „Unbarmherzig“ war mein erstes, aber mit Sicherheit nicht das letzte Buch dieser Autorin. Der vorliegende Krimi hat mir sehr gut gefallen. Inge Löhnig bereitete mir mit ihrem Schreibstil, der spannenden Handlung und überzeugenden Charakteren großes Lesevergnügen und ich freue mich bereits auf weitere Bände dieser Reihe.


  • Tino Dühnfort hat Vaterschaftsurlaub während Gina Angelucci wieder arbeiten geht. Sie hat sich auf Cold Cases spezialisiert und einen interessanten Fall ausgegraben: in einem kleinen Ort werden die Knochen zweier jungen Menschen gefunden, die vor rund 80 Jahren gestorben sind. Wer waren die beiden und warum mussten sie sterben?
    Löhnig konstruiert wieder einen Fall, der es in sich hat. Dann nach 80 Jahren sind Zeitzeugen nahezu ausgeschlossen. Schrittweise nähert sich Gina der Aufklärung und genauso häppchenweise wird der Leser mit Puzzleteilen versorgt. Ich finde es sehr bemerkenswert wie es die Autorin schafft, so einen alten Fall noch logisch lösbar zu schreiben und dabei den Leser sehr gut zu unterhalten.
    Natürlich bleibt die Spannung in so einem Fall eher etwas aus, doch für die nötige Aufregung sorgt Löhnig in diesem Fall beim Privatleben der beiden Kommissare. Die bemerken eine Stalkerin und geraten in Gefahr.
    Die fehlende Spannung wird jedoch super durch die atmosphärisch dichte Erzählung kompensiert und die Rückblicke in Kairis Tagebuch machen die Vergangenheit lebendig.
    Fazit: wieder ein tolles Buch aus der Feder Inge Löhnigs, die ich seit ihrem ersten Buch sehr gerne lese.