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  • Harry Hole zum Dritten. Drei Jahre hat uns Nesbø warten lassen, bis zum Erscheinen von „Blutmond“. Um es mit den Worten von Frank Sinatra zu sagen…

    That's life and life only
    That's what all the people say
    You're riding high in April, shot down in May
    But I know I'm gonna change that tune
    When I'm back on top, back on top in June


    Harry Hole ist psych- und physisch am Ende. Der Tod seiner geliebten Rakel hat ihn aus der Bahn geworfen. Er flieht aus Oslo in die USA und ertränkt seinen Schmerz im Alkohol, vorzugweise in eine goldgelbe, erdig und rauchige „duftende“ Flüssigkeit.
    In seiner Stammkneipe in LA trifft er auf Lucille, einen abgetakelten Ex-Filmstar, der ihn an seine Mutter erinnert. Und seine Beschützerinstinkte werden geweckt als Lucille von Drogenkartell-Kredithaien zur Zurückzahlung von einer Million US-Doller nachdrücklich „angehalten“ wird. Er will ihr diese Million beschaffen - Lucille wird von den Mexikanern „in Obhut“ genommen – zehn Tage Zeit lassen sie Hole für diese Aktion.
    Wie naiv kann Hole sein, dass ihm nicht der Gedanke einer fiesen Abzocke kommt?
    Sehr gelegen kommt ihm der Ruf vom fernen Oslo. Zwei junge Frauen wurden ermordet, Kommissarin Katrine Bratt vermutet einen Serienmörder und möchte den weltbesten Profiler in ihrem Team haben: Harry Hole. Abgelehnt, denn für die Polizei-Chefetage ist Hole ein rotes Tuch. Eigenbrötler mit zweifelhaften Eigenschaften, hasst Autoritäten und Dienstvorschriften, liebt Whisky.
    Doch der Mordverdächtige Milliardär Røed möchte seine Unschuld beweisen, engagiert Hole als privaten Ermittler und bietet ihm Millionen Dollar als Erfolgshonorar.

    I'm back on top

    Harry Hole ist zurück, nicht in Polizeidiensten, sondern als Privatdetektiv. Ungewöhnliche Situationen verlangen ungewöhnliche Maßnahmen - was die Auswahl seines Teams betrifft. Im äußert ungewöhnlichen und seltsamen Fall, geht der Täter brutal vor: Dem ersten Opfer entnimmt er noch das Gehirn, vom zweiten nimmt er den ganzen Kopf ab. Kein klares Motiv ist zu erkennen, Hole und die Polizei stehen vor einem Rätzel, und die Zeit verrinnt.

    Das Mordmotiv im 13. Band der Harry-Hole-Reihe ist so ungewöhnlich wie faszinierend: Zoonose, ein Phänomen, dass spätestens seit dem Corona-Virus Bekanntheit erlangt hat.

    Es folgt Nesbøs kleine Parasitenlehre: Der Serienkiller experimentiert mit Toxoplasma-gondii-Parasiten, die auf nahrhaftes Hirn stehen, er frisst dabei Hundeleckerli „Hillman Pets Wurmkur“ und riecht nach Moschus.

    Spätesten ab der Mitte des Romans wird deutlich auf welche Klimax Nesbø hinsteuert. Er ist unübertroffen genial, weil ein ums andere Mal, der auserkorene Täter doch nicht der wahre ist.

    Nicht unerwähnt darf ich eine Komponente in Nesbøs „Blutmond“ lassen. Katrine Bratt, Kommissarin in ehemaligen Hole-Team, hat einen kleinen Sohn Gert, der jemandem sehr ähnlichsieht, besonders wenn er schläft … Und sie, verwitwet, unverheiratet, liebt nur…

    Nesbø, ein wahres Phänomen. Und Harrry Hole #14?

  • Dunkelzeit von Erin Flanagan

    Das erste Wochenende der Hirschsaison – Titel des englischen Originals „Deer Season“ - in Gunthrum, Nebraska, 1985 und Alma Costagans geistig behinderter Landarbeiter Hal Bullard ist mit seinen Freunden Larry und Sam - laut Alma zwei nichtsnutzige Kerle - auf die Jagd gegangen. Doch Hal fährt frühzeitig zurück, mit einer Hirschkuh auf seinem Pickup und ergibt vor, diese selbst erlegt zu haben.

    Am selben Wochenende wird Peggy, ein 17jähriges Mädchen vermisst. Hal kehrt mit einer fadenscheinigen Geschichte über das Blut in seinem Truck und Beschädigungen auf die Farm der Costagans zurück. Alma und ihr Mann Clyle müssen sich damit auseinandersetzen, wozu Hal fähig sein könnte, zumal sich Hal an besagtem Tag im OK total betrunken hat und an nichts mehr erinnern kann. Es kommt heraus, dass Peggy und Hal gleichzeitig auf der Partylocation Castle Farm gesehen wurde. Nicht nur das Kaff Gunthrum ist beschissen, sondern auch deren Bewohner. „Ein Dorf sucht seinen Mörder“ (Film 2002), nein dieses Dorf hat seinen Mörder bereits gefunden: Hal. Obwohl nichts über das Schicksal von Peggy bekannt ist, haben sich die Bewohner von Gunthrum bereits auf ihn als Täter eingeschossen. Selbst seine Mutter, die den damals zweijährigen Hal fast ersaufen hat lassen, hält ihn für besonders gewalttätig und die „richtigen“ Gene hätte er ebenfalls, denn sein Vater saß schon im Gefängnis. Hat Hal etwas mit dem Verschwinden Peggys zu tun? Hal ist zwar ein fescher Bursche, geistig in der Entwicklung zurückgeblieben, aber sobald er den Mund aufmacht laufen die Mädels kreischend davon.

    Peggy hatte einst aus Langeweile mit Hal bei einem Picknick flirtet, ihn aber abblitzen lassen, doch er hatte sich in sie unsterblich verliebt. Die unerbittlich direkte Alma, selbst nie Mutter geworden, die in Hal sowas wie einen Ersatzsohn sieht mit brutalem Statement: „Dieses Mädchen hat heute ungefähr zehn Jungs Hoffnungen gemacht. Und von diesen zehn bist du der Letzte auf ihrer Liste, das garantiere ich dir.“

    „Dunkelzeit“ ist kein Krimi im eigentlichen Sinn, vielmehr ein schonungsloses Sezieren von menschlichen Beziehungen, familiären Strukturen und dörflichen Gemeinschaft. Es ist eine kleinbürgerliche, scheinheilige, moralisch verkommene, verlogene und letztlich kriminelle Bagage, ohne einen Funken Ehrgefühl, in dumpfen Egoismus versinkend. Alma und Clyle: Schweinefarmer, Clyle in Gunthrum aufgewachsen, Alma, Städterin auch Chicago, verbitterte Einzelgängerin und unbeliebte Wahrheitsfanatikerin, notorische Nörglerin und Besserwisserin mit ungezügeltem Helfersyndrom, gezeichnet durch Schicksalsschläge, zerfressen durch Eifersucht; „…, dass sie jemanden brauchte, der sie brauchte?“ Punktum. Linda und Joe mit ihren Kindern Peggy und dem 12jährigen Milo. Milo dient Flanagan als Antithese zur fiesen Gesellschaft Gunthrums. Noch unverdorben, etwas naiv, wahrheitsliebend und er liebte seine Schwester.

    Ein nachdenklicher Roman, ein packendes, tolles Debüt über Verlierer, Außenseiter und Gesetzesbrecher in der gottverlassenen amerikanischen Provinz Nebraskas ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft. 2022 ausgezeichnet mit dem Edgar Award und es macht mich neugierig auf kommende Veröffentlichungen von Erin Flanagan.

  • Hotel Silence von Auður Ava Ólafsdóttir

    Jónas Ebeneser (49), hat den Boden unter seinen Füssen verloren. In tiefe Depression verfallen? Bei den drei Gudruns, die ihn umgeben kein Wunder. Die eine, seine Ex, hat einst in der gemeinsamen Schlafstatt eine Kissenwand ihm gegenüber aufgebaut, seine Mutter versinkt in Demenz und mit seiner Tochter keine Kommunikation.
    Nur das Wie und das Wo sind noch unbestimmt. Er leiht sich vom Nachbarn dessen Flinte, kann aber nicht damit umgehen und hat keine Munition. Also ab in ein von Krieg zerstörtes Land mit seiner Bohrmaschine, die er dann bräuchte, um einen Hacken in der Decke zu montieren. Bereits früh wird klar, dass bei aller Tragik der Handlung eine Portion Komik beigemischt wurde.

    Nicht dass es von Bedeutung wäre, in welchem Land sich Jónas wiederfindet, tippe ich auf den Balkan, nach dem massiven NATO-Bombardements. Tote, Ruinen, Stromabschaltungen, Ausgangssperre. Das Bizarre an der Situation, dass sich Jonas Mutter zeitlebens intensiv mit dem Thema Krieg beschäftigt hat.
    Der Taxifahrer bringt die ersten zwei Gäste ins „Hotel Silence“, er fährt einhändig, die zweite hat er im Krieg verloren. Das Haus am Meer wird von dem Geschwistern Mai und Fifi geführt, beide hoffen auf einen touristischen Aufschwung. Kein Druck in der Dusche, roter Sand aus der Wasserleitung - für Jónas kein Problem, er repariert es. Das ist nur der Anfang. Er wird zum Synonym für Wiederaufbau und den Glauben an bessere und friedliche Zukunft.

    Der zweite weibliche Gast fährt ins Hinterland, sucht für eine Reportage eine Lokation, der dritte männliche Gast stellt sich später als Kriegsprofiteur heraus.

    Viel ausgiebiger beschäftigt sich Ólafsdóttir mit dem „Hotel Silence“ als Bauwerk, dem ein Thermalbad angeschlossen war und einer berühmten Mosaikwand, von der anscheinend nur Jónas etwas weiß und seinem „Manager“ Fifi. Dessen Schwester Mai, nur ein paar Jahre älter als seine Tochter, ohne Mann mit dem 6-jährigen traumatisierten Sohn Adam.
    „Sehnst du dich nicht nach der Wärme eines anderen Körpers“ (Mai).

    Nicht allen Leuten gefällt Jonas Aufbauarbeit, er wir überfallen und verprügelt. Doch eine Frau verarzt ihn: „Sie können Ihr Hemd wieder zuknöpfen. Schöne Blume.“ Womit wir wieder bei der Coverabbildung wären: Eine Wasserlilie, die sich Jonas vor seinem Abflug stechen ließ.

    Die ausgezeichnete Übersetzung, mit den vielen Zitaten von Persönlichkeiten, die ihrem Leben ein Ende gesetzt hatten, trägt zur überragenden Qualität des Romans bei. Trotz aller Düsternis und Melancholie gewinnt mit der Kraft die Hoffnung und die Magie eines Neufangs die Oberhand.

  • Sekunden der Gnade von Dennis Lehane

    „Sekunden der Gnade“, englischer Titel „Small Mercies“, ist ein erbarmungsloser Thriller, der 1974 in Boston spielt, als die sg. Buskrise, gerade erst in der Stadt ausbrach, im Englischen besser als „bussing“ beschrieben. Zwiespältig die Bezeichnung Thriller oder Krimi, eher ein betäubendes Sittenbild der amerikanischen rassistischen Gesellschaft.
    Es geht nicht um die „Letzten Tage von Pompeji“, sondern um die letzten Tagen des Sommers 1974 in South Boston, um eine alleinerziehende, zweifach geschiedene Mutter im irisch dominierten Stadtteil „Southie“ von South Boston. Mary Pat Fennessy, kam nie aus den öffentlichen Wohnsilos, den „Projects“ hinaus, sie ist 42, hat zwei Jobs und kommt immer noch nicht über die Runden, ihr Sohn starb nach seiner Rückkehr aus Vietnam an einer Überdosis Drogen. Eines Nachts bleibt Mary Pats 17-jährige Tochter Jules lange unterwegs und kommt nicht nach Hause. Am selben Abend wird ein junger Schwarzer unter mysteriösen Umständen tot in einem U-Bahnschacht gefunden.
    Die beiden Ereignisse scheinen vorerst keine Verbindung zu haben. Mary Pat, angetrieben von der verzweifelten Suche nach ihrer vermissten Tochter, beginnt mit Nachforschungen in ihrem Viertel, im Bekanntenkreis ihrer Tochter und tritt dabei dem kriminellen König von South Boston, Marty Butler auf die Zehen.

    „Sekunden der Gnade“, ist zwar Fiktion, aber sie basiert auf tatsächlichen Ereignissen, wie dem Entscheid des US-Bezirksrichters W. A. Garrity vom 21. Juni 1971, dass der Bostoner Schulausschuss im öffentlichen Schulwesen „schwarze Schüler systematisch benachteiligt“ habe. Abhilfe sollte schaffen, Schüler aus überwiegend weißen Stadtvierteln mit Bussen in überwiegend schwarze Stadtviertel zur Schule zu bringen, um die Rassentrennung an den öffentlichen Highschools aufzuheben – eben das „bussing“.

    Dennis Lehane, neun Jahre alt, fuhr in diesem Sommer 1974 mit seinem Vater nach South Boston und hat die Protestbewegung gegen die Einführung von Schulbustransporten zur Aufhebung der Rassentrennung als Augenzeuge miterlebt. Bereits damals wusste Lehane, dass er einmal etwas über das „bussing“ schreiben wollte.

    In diesen simplen, unscheinbaren Gesprächen und Texten steckt eine ungeheure Sprengkraft, die einen erschaudern lässt. „Sekunden der Gnade“, eine brutale Darstellung von Kriminalität und Macht, und ein unbestechliches Porträt des dunkelschwarzen Herzens des amerikanischen Rassismus.

  • Die Unbekannte von Guillaume Musso

    Capitaine Roxane Montchrestien wird wegen „In Gefahrbringung“ ihrer Einheit „Zielfahndung“ zum BANK versetzt, ruhiggestellt, vielleicht auch abgeschoben. BANK wie „Bureau des affaires non conventionneles“ oder „Büro zur Aufklärung nicht konventioneller Angelegenheiten“. Ihr Vorgänger Commissaire Marc Batailley hat sich unglücklicherweise bei einem Sturz verletzt und liegt im Krankenhaus – im Koma.
    Der „Leuchtturm“, Roxanes zukünftiger Arbeitsplatz, von außen furchteinflößend, aber innen entdeckt sie zwei heimelige Etagen mit einem erstaunlichen Panorama von Paris: „Im Westen der Eifelturm und die Kuppel des Invalidendoms, im Norden Montmartre und Sacré-Coeur, im Süden der Jardin du Luxembourg und die hässliche Tour Montparnasse, im Osten die Kathedrale Notre-Dame, noch immer nicht wieder ganz aufgebaut.“ Und eine Flasche Weißwein – Pessac-Léognan, Domaine de Chevalier 2011. Zusätzlich zwei Mitbewohner im Turm: Kater Poutine und Studentin Valentine.

    Eine junge Frau wird vor dem Ertrinken aus der Seine gerettet. Sie ist verwirrt und nicht ansprechbar. Bekleidet nur mit einer Armbanduhr, wie sich später herausstellt, einer Chronometre à Résonance, preislich nahe einer 80 m2 Eigentumswohnung und einem auffälligen Tattoo um den Knöchel; auch hier stellt sich später heraus, dass dieses dem Dionysos-Kult zugeordnet wird. Bei der Überbringung in die Psychiatrie entwischt sie dem einzigen sie begleitenden Polizisten. Um die Konfusion auf die Spitze zu treiben, stellt sich heraus, dass ihre DNA Milena Bergmann gehört, einer gefeierten Pianistin, die vor einem Jahr bei einem tragischen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war.

    Obwohl Roxane nicht mehr bei der Zielfahndung ist, will die sie diesen Mysterien auf den Grund gehen, mit Hilfe ihrer „Mitbewohnerin“ Valentine. Bei ihren Ermittlungen entdeckt sie, dass ihr Vorgänger Batailley verschiedene Spuren verfolgt hat, aber verdeckt. Für Roxane ergibt das keinen Sinn. Sie kämpft gegen ihre Frustration: „Sie war aus ihrem Job entlassen worden, sie hatte null Privatleben, sie ging allen auf die Nerven und alle gingen ihr auf die Nerven. Sie hielt diese Stadt nicht mehr aus, diese Leute, diesen Blödsinn, den man hörte, sobald man das Radio anschaltete, den Fernseher, den Computer. Dieser große Sieg der Mittelmäßigkeit. Immer. Überall.“ (S. 237ff.)

    Die schwerfällige französische Bürokratie und die konkurrierenden und sich gegenseitig behindern und blockieren Polizeieinheiten, erschweren den wahren Blick auf die komplexen Entwicklungen. Einzig Mussos eigensinnige Hauptakteurin Roxane ist auf der richtigen Spur. Sie weiß zu kämpfen und bleibt ihrer Linie treu.

    Primär schreibt Musso als Erzähler, wechselt aber zeitweise die Perspektive und wird zum Ich-Erzähler. Ab der Hälfte des Romans steigt die Spannung, griechische Mystik und französische Realität vermischen sich. Weil die Puzzeles nicht linear zur Lösung führen muss der Leser gespannt bis zum Schluss warten.
    Musso versteht es meisterhaft, seinem Roman eine Brise Ironie beizumischen, absichtlich - sei dahingestellt, vielleicht liegt es an der Übersetzung.

  • Eigentum von Wolf Haas

    „Am Ende hieß es noch, ich hätte mich über sie lustig gemacht. Man schuldet ja allen einen gewissen Respekt. Auch jenen, die es vielleicht nicht wahrnehmen, wenn man ihn nicht zeigt. Man kann auch den Verlöschenden und vor sich hin Dämmernden nicht irgendwas erzählen, nur weil es langweilig ist mit ihnen. Man darf unterlegene Menschen nicht auf die Schaufel nehmen. Man darf Schwachsinnige nicht verarschen, man darf kleine Kinder nicht verarschen, man darf Behinderte nicht verarschen. Im Prinzip darf man überhaupt niemanden verarschen, fürchte ich. Schon gar nicht seine sterbende Mutter.“ (S. 8, Haas)

    Wolf Haas besucht das Altersheim, in dem seine 95-jährige Mutter wohnt, die in drei Tagen sterben wird. Haas tut gar nicht so, als ginge sie ihm nicht auf die Nerven. (Unausgesprochen: Ich darf doch etwas dement sein, wenn ich meinen Sohn bitte, meinen längst verstorbenen Eltern eine Nachricht zu überbringen.) Ausgesprochen: „Meine Mami und mein Tati, wo sie jetzt sind, ich weiß nicht wie es da heißt, aber du kannst dort mit dem Handy anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht.“
    Das Gejammer tönt ihm noch in den Ohren: „Immer nur sparen, sparen, sparen.“ Immer nur „arbeiten, arbeiten, arbeiten“,
    Und im Rückblick Geschichte: Die seiner Mutter und der Familie und die Österreichs, von einer Frau, die 1923, ins Jahr der Superinflation, hineingeboren wurde.

    Sicher Autofiktion, aber weder geschmacklos noch sentimental. Von Seite zu Seite verschwindet der lapidare Ton, der Sohn erzählt von der Mutter, die in Zeiten jung gewesen ist, als fast jeder ein Schicksal hatte und nicht nur ein Leben mit Aufs und Abs. Krieg. Krankheit. Gewalt. Tod überall. Und die Hoffnung auf das Eigenheim, das sich nie erfüllt hat. Bis jetzt. Seit vielen Jahren steht schon ihr Name auf dem Grab, ihre eigenen Kubikmeter nun bereit, bezogen zu werden – nur ein Datum fehlt.

    „Mein ganzes Leben lang hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut ging." (W. Haas)

    Wolf Haas, Autor beim Carl Hanser Verlag, wovon viele seiner Kollegen nur träumen.

  • Dunkle Stunden von Michael Connelly

    Nach zahllosen Soloauftritte seines edlen Ritters Detective Harry Bosch rückt Michael Connelly diesen zu Gunsten seiner neuen und unnachgiebigen Detective Renée Ballard in den Hintergrund; das bereits zum vierten Mal und diesmal ist Ballard endlich die Hauptprotagonistin.

    In der „Late Show“, der Nachtschicht, hat LAPD-Detective Renée Ballard auch in der Neujahrsnacht Dienst. Sie hofft, ein Paar Serienvergewaltiger im Polizeijargon „Midnight Men“ genannt zu fassen. Die Neujahrsschießerei „deckt“ einen Mord, einem Mann wird in den Hinterkopf geschossen. Obwohl Ballard nicht für Mordermittlungen zuständig, beginnt sie nachzuforschen. Die Forensiker bringen den Mord mit einem alten Fall in Verbindung. Mit diesem „Cold Case“ tritt der pensionierte Harry Bosch auf, der damals in diesem Fall ermittelt hatte. Ballard und Bosch arbeiten in beiden Fällen zusammen, kommen den Täuschungen und Unwahrheiten auf die Schliche und wollen herausfinden was wirklich passiert ist. Ballard setzt sich hartnäckig über alle Einschränkungen hinweg, mit dem einen Ziel, die Fälle zu lösen. Im Mordfall darf Ballard solange ermitteln, bis die Mordkommission übernimmt. Mordermittlungen sind ihr nicht unbekannt, bevor sie in die „Late Show“ „strafversetzt“ wurde war sie Mitglied im West Bureau Homicide.
    Wenn sie ein wenig Ablenkung suchen, besprechen und bearbeiten sie den Fall Midnight Men. Ballard ist auf der Suche nach einem Schema und der möglichen Vorplanung der Übergriffe. Könnten die Vergewaltigungsopfer alles andere als zufällige Angriffe sein?
    Ballard spürt den Gegenwind, dem die Polizei ausgesetzt ist; nach tödlichen ‚Zwischenfällen‘ und dem Aufkommen der Black lives Matter-Bewegung steht die Polizei unter Druck. Bei den Kollegen ist Dienst nach Vorschrift angesagt. Ballard ist desillusioniert und stellt sich die Frage, wie die Polizei geändert werden kann, von innen, oder von außen? Sie fühlt ihr Ende bei LAPD rückt näher. Ihr ehemaliger Mentor Bosch mach ihr ein Angebot.

    Dass in Los Angeles zum Zeitpunkt der Handlung die Covid-19-Pandemie ihren Höhepunkt erreicht und das Capitol in Washington von Trumpanhängern gestürmt wird, verschärft die Situation.

    Connelly projiziert ursprüngliche Polizeiwerte auf Ballard: in keiner festen Beziehung, Hund Pinto ihr einziger treuer Begleiter, liebt und hasst ihren Job gleichermaßen, im Dauerzwist mit ihren Vorgesetzten und schert sich nicht um Vorschriften.

    Michael Connelly, ein wahrer Meister in der Präsentation minutiöser polizeilicher Ermittlungsarbeit, dem die Wertschätzung der Polizei in der Öffentlichkeit ein echtes Anliegen ist. Ihm ist wieder einmal ein echter Pageturner gelungen mit der Option des Durchlesens.

    Connelly pflegt den Bosch-Kult, doch diesmal gelingt es Renée Ballard ein eigenes starkes Profil entwickeln und aus Boschs Schatten zu treten.

    Good news for Ballard fans: „Desert Star“ Renée Ballard #5 available.

  • Unter dem Sturm von Christoffer Carlsson

    November 1994. Marbäck, Südschweden. Der marode Hof der Markströms liegt in Flammen und brennt bis auf die Grundmauern nieder. Die Markströms waren nicht zu Hause, also keine großen Umstände machen, wäre da nicht eine verbrannte Leiche in der Asche und wie sich später herausstellt deren 20jährige Tochter Lovisa mit eingeschlagenem Kopf und ohne Rauch in der Lunge. Also: Mord. „Let‘s fetz“.

    Nicht so Christoffer Carlsson, Kriminologe und preisgekrönter Autor; ihm geht es vielmehr um die Menschen und den Ort, in dem sie leben. Was macht ein Verbrechen mit den Personen, die das Opfer kannten, was mit einer Gemeinschaft, die bereits den Schuldigen gefunden zu haben glaubt? Er erzählt von einer besonderen Beziehung zwischen einem Onkel und seinem Neffen und einem charismatischen Polizisten, den dieser Fall viele Jahre nicht loslässt und der dabei fast zugrunde geht: Edvard Christensson 25, Isak 8 und der junge Vidar.

    Schuldig muss Edvard Christensson sein, Außenseiter und Freund Lovisas, aufbrausend, ein Wüterich. Wenn nach knapp mehr als 100 Seiten die Bewohner und die Polizei schnell, ohne stichhaltige Beweise, einen Verdächtigen gefunden haben und der vermeintliche Mörder zu lebenslanger Haft verurteilt wird, was soll dann noch auf den verbleibenden 340 Seiten geschehen? Carlsson präsentiert uns zwei zusätzliche Romanteile.

    Herbst 2004: Isak war 8, als das Verbrechen geschah. Mit Edvard verband ihn eine enge Freundschaft, fast ein Vaterersatz. Nun ist Isak 18, und noch bevor er sich mit seinem neuen Auto zu Tode fährt fegt der Orkan Gudrun über Schweden. Draußen überlebt er, weil er sich „unter dem Sturm“ befindet. Isak glaubt nicht an die Unschuld seines Onkels, vielmehr beschäftigt ihn der Gedanke, dass in ihm selbst die Saat des Bösen aufgehen wird. Als Kleinkrimineller strebt er unaufhaltsam auf eine „self-fulfilling-prophecy“ hin. Vidar hat selbst eine Familie gegründet, behält den Jungen im Auge. Vidar ist von der Schuld Edwards nicht restlos überzeugt, recherchiert ohne polizeilichen Auftrag weiter. Er entdeckt ein Schema einer Einbrecherbande mit Verbindung zu Lovisa. Seine Chefin will Vidar für seine Eigenmächtigkeiten „Manieren“ beibringen. Das „Ende“ Vidars Polizeikarriere „naht.“

    Sommer 2017: Isak ist jetzt 31 Jahre alt, mit schwangerer Freundin, da verschwindet er spurlos. Vidar, kein Polizist mehr, begibt sich auf die Suche nach Isak.

    Wie das Land, so die Leute. Marbäck hat nichts zu bieten, einen Fluss mit Wasserfall und sonst nur Wald. Die guten Zeiten sind längst vorbei. Papierfabrik geschlossen, nachdem deren Chemie die Fischerei ruiniert hatte, die Eisenbahn stillgelegt, wer kann zieht weg. Gelebter Rassismus, sogar gegenüber Vidars Frau, einer Schwedin, in Schweden geboren, spricht perfekt schwedisch – nur ihre Haut ist nicht schwedisch hell. Vidar und Isak ziehen nicht fort. Warum auch? Sie sind wie dieses Land. Christoffer Carlsson arbeitet sich an Marbäck, seiner Vergangenheit (und seinen Einwohnern) ab.

    Der Verlag hat es sich nicht nehmen lassen, die „überaus positiven“ Pressestimmen im Anhang zu veröffentlichen.

  • Avalon von Nell Zink

    AVALON! AVALON? Wer oder was ist Avalon? Avalon ist … (komme gleich dazu).

    We've been on the run
    Driving in the sun
    Looking out for number one
    California here we come

    Es beginnt im kalifornischen Torrance, einer Kleinstadt am Pazifik mit 150.000 Einwohnern, etwa eine halbe Autostunde von Los Angeles entfernt, ist aber alles andere als ein mystischer Sehnsuchtsort – wenn ich an die Sage um König Arthur denke.
    Eher liegt dieser auf der vorgelagerten Insel Santa Catalina Island mit dem kleinen „Avalon“, einem Touristenfallen-Kaff. Diese geographischen Angaben sind real, alles Folgende entspringt Nell Zinks Phantasie.

    Die zehnjährige „Bran“ Brandy und ihr Halbbruder wachsen auf einer Baumschule der Pflegefamilie Hendersons, einem letzten Freund ihrer Mutter, im Hinterland von Los Angeles auf. Für acht Jahre unbezahlte Arbeit und 20.000 Dollar Kindergeld. Die Mutter verschwindet in ein buddhistisches Kloster, der Vater nach Australien.
    Bran ist im letzten Highschool-Jahr, ihre Arbeitskraft wird von ihrer Stieffamilie ausbeuterisch, wenn auch als unverzichtbar ausgenützt. Sie verpasst großen exotischen Pflanzen Formschnitte dermaßen perfekt wie sonst keiner in der Firma. Sie ist klug und schafft mühelos die Highschool, was ihr in den USA allerdings ohne weitere Collegeausbildung nur Jobs mit geringster Bezahlung ermöglicht.

    Erst langsam, mithilfe von Freunden, kann sie sich aus den Fesseln der Hendersons befreien. Ohne Identitätspapiere und ohne Führerschein besorgt sie sich einen alten Mazda, um damit in die Unabhängigkeit zu starten, denn auf der schmutzigen Farm wird sie bloß als billige Arbeitskraft benützt. Unter diesen Freunden sind allesamt durchgeknallte bis schräge – im besten Fall – eigenartige Typen, wie der schwule Jay, der trotz Talentfreiheit ausgerechnet bei einer blinden Lehrerin Flamenco lernen und tanzen will, besucht später die Filmhochschule. Und der intellektuelle Studenten Peter von der Ostküste, der bereits mit einem reichen, schönen Mädchen aus einem arabischen Clan verlobt ist. Keine Chance auf eine Liebe, trotz starker gegenseitiger Anziehung.

    Es wäre nicht Nell Zink, leidenschaftliche Vogelbeobachterin, die in „Avalon“ die Gesellschaftsstrukturen in Kalifornien „beobachtet“. Bran steckt fest im proletarischen Kleinstunternehmermilieu, ihr Highschool-Freundeskreis aus der wohlhabenden Mittelschicht, bald auf diverse Colleges verstreut. Wer geht wohin und mit wem? Bran kann sich keine Uni leisten, elternlos und ohne finanzielle Unterstützer. Sie kellnert, verrichtet Gartenarbeit und Poolreinigung bei reichen Leuten, beginnt ein Drehbuch zu schreiben. Bran kann gut Geschichten schreiben – soll sie eine unwahrscheinliche Karriere als Drehbuchautorin wagen?

    Brans ersehnter Roadtrip kommt erst am Schluss. Mit ihrem alten Mazda auf die berühmte California State Route 1, dem Pacific Highway 1, um auf eine Party zu ihrem Peter zu gelangen.

    „‚Avalon‘ heißt ‚Ort mit Äpfeln‘, diesem gesunden Zeug, das auf Bäumen wächst. Wenn du Äpfel richtig behandelst, bleiben sie das ganze Jahr frisch. Deshalb heißt das Wort Paradies ‚Garten‘, und deshalb wurde Artus nach Avalon gebracht, um seine Wunden zu heilen.“ (Bran S.6).

  • Der Kaninchenstall von Tess Gunty

    Mit „Kaninchenstall“ hat KiWi einen unerwarteten? Volltreffer gelandet. Und mit Tess Gunty und Sophie Zeitz, geniale Autorin und perfekte Übersetzung. Es ist schier unglaublich was der 30jährigen Gunty mit ihrem Erstlingswerk gelungen ist: „The Rabbit Hutch“ (im englischen Original), ein atemberaubender Roman.

    Apartment C4, Vacca Vale, Indiana: Gunty hat kein Erbarmen mit den Lesern; (eine) Blandine Watkins liegt aufgeschlitzt am Boden. In dieser heißen Nacht verlässt Blandine ihren Körper: „Sie ist nicht alles. Nicht ganz. Sie ist nur das Gegenteil von nichts.“ Es folgen noch über 400 Seiten, auf denen wir mehr über den Hauptcharakter des Romans erfahren und „wie es dazu kam und wer sie aufgeschlitzt hat“. Vacca Vale ist eine fiktive Stadt in Indiana, ähnlich vieler Städte im Rust Belt wie South Bend, wo Gunty aufwuchs.

    „Der Kaninchenstall“, im La Lapinière Affordable Housing Complex, einem abgewrackten Gebäudekomplex mit zu dünnen Wänden; jeder hört jeden, aber niemand kennt seine Mitbewohner. Joan in C2: Checkt die Nachrufe ihrer Firma RIP auf respektlose, um sie dann zu löschen. C4: Drei Teenager-Burschen - vor Kurzem aus dem staatlichen Pflegesystem entlassen -, die aus Langeweile Tiere töten und mit denen sich unsere Blandine das Apartment teilt. Wird das spannend! C6 Ida und Reggie, altes Ehepaar.

    C8 Hope, die unter einer postnatalen Depression zu leiden scheint und panische Angst vor den Augen ihres Neugeborenen hat. Gibt es Hoffnung für Hope? Ehemann Anthony liebt Hope, sollte ihr Hoffnung geben.

    In Teil II, von insgesamt fünf, hat mich emotional am meisten das Kapitel Variablen berührt. Tiffany Watkins, hochintelligente siebzehnjährige Schülerin der St. Philomena Highschool, Haare gebleicht, ätherischer Teint, hübsch auf eine außerirdische Art mit weit auseinanderstehenden Augen. In diesem Augenblick assoziiere ich Tiffany mit Tess Gunty – autobiographisch? Sie ist das X und der vierzigjähriger James Yager, ihr Musiklehrer und Mentor das Y. Nach „dieser Nacht“ wird Tiffany zu Blandine.

    Vor 10 Monaten in „Die Flut“ liegen Hop und Anthony in einem Motel-Bett, September, Hochwasser, der Vacca Vale River hat die Innenstadt überflutet, aus dem Kaninchenstall zwangsevakuiert. „Zeig mir, was du willst“ sagt Anthony. Hochemotional zu lesen.

    Gunty bearbeitet eine Fülle an Themen, die Diskrepanz zwischen Arm und Reich, Verfall und Neubeginn, Rebellion gegen das kapitalistische System, die Abgründe der digitalen Welt: „Im Internet toben sich die Raubtiere aus“ und den irrealen „Mamablogs“.

    Der Roman ist ein Feuerwerk, verwirrend, aber auch beeindruckend. Wegen der wechselnden Erzählperspektiven verlangt er volle Konzentration, es ist kein Buch zum Nebenbei-Lesen. Ich habe es jedenfalls genossen, für die Rezension Teile des Buches nochmals zu lesen.

  • „Realität … Fiktion … Mein ganzes Leben lang hatte ich die Grenze zwischen beiden Ebenen als sehr fließend empfunden. Nichts ist dem Wahren näher als das Falsche. Und niemand irrt sich mehr als jene, die glauben, nur in der Realität zu leben, denn in dem Moment, da die Menschen bestimmte Situationen für real halten, werden diese real in ihren Konsequenzen.“ (S. 306).
    Nichts kann Mussos Roman besser beschreiben, als diese Gedanken der Hauptperson, des Pariser Romanautors Romain Ozorski.

    Mein vierter Musso – ein typischer Musso. Musso mag man oder nicht. Ich bin voreingenommen, ich liebe Musso. Nebenbei „Das Atelier in Paris“ ist eines der schönsten Bücher je gelesen.

    Brooklyn: Flora Conway ist eine erfolgreiche walisische Romanautorin. Sie leidet jedoch unter einer Sozialphobie, lebt zurückgezogen und meidet jeden Medienrummel. Ihre Verlegerin Fantine de Vilatte vertritt sie dagegen liebend gern in der Öffentlichkeit. Floras Lebensmittelpunkt ist Tochter Carrie. In ihrer Wohnung, während eines, bei beiden beliebten Versteckspiels, verschwindet Carrie spurlos aus dieser und ist unauffindbar. Flora hat das Gefühl, dass sie nur eine Figur in einem Spiel ist und jemand anderes über ihre Geschichte bestimmt. Aber wer? Um das herauszufinden, steigt Flora auf das Dach ihres Hauses und fordert das Schicksal heraus. Sie will sich vom Dach ihres Hauses stürzen…

    Paris: Währenddessen sitzt Erfolgsautor Romain an seinem neuen Manuskript und weiß nicht mehr weiter. Seine Hauptfigur ist Schriftstellerin und Mutter, deren Kind spurlos verschwunden ist und die gerade am Abgrund steht...
    Romain, ebenfalls am Abgrund, kämpft um das Sorgerecht seines Sohnes mit seiner Ex-Frau.

    Unzählige Literaturzitate ergänzen die beiden Handlungssträngen, gekonnt baut Musso die Spannung auf und kommt in die Nähe eines Krimis.

    Weit entfernt von dem was irgendwie nach 08/15 riecht, ein typischer Giullaume Musso, genial. Es ist wie, wenn aus einem Film die Personen von der Leinwand „herausspringen“.

  • 606 von Candice Fox

    Aus dem fiktiven Hochsicherheitsgefängnis Pronghorn in der Wüste Nevadas entfliehen fast sämtliche Insassen, 606 teils schwerkriminelle Häftlinge. Der englische Originaltitel lautet „The Chase“, zu Deutsch: „Die Jagd“ und sie beginnt. Captain Celine Osbourne, die Leiterin des Maximum mit den Todgeweihten, hat nur eines im Sinn: John Kradle so schnell wie möglich einzufangen. Vor fünf Jahren soll er seine Frau, deren Schwester und seinen Sohn ermordet haben. In der unverhofften Freiheit will er endlich seine Unschuld beweisen und den wahren Mörder seiner Frau, seines Sohnes und seiner Schwägerin finden. Celine Osbourne belaste ein Trauma aus ihrer Vergangenheit: Ihre gesamte Familie wurde von ihrem Opa getötet. Daher rührt ihre Obsession, Kradle schnellstmöglich wieder in eine Todeszelle zu stecken.

    U.S. Marshal Trinity Parker hat die Leitung der größte Menschenjagd nach dem größten Gefängnisausbruch in der US-Geschichte. Ihre Perspektive ist eine andere, für sie ist Celine nur ein Kampfzwerg.
    Völlig überraschend nimmt Kradle Kontakt mit Celine auf und bittet sie um Hilfe bei der Suche nach dem wahren Mörder seiner Familie. Sie beginnt zu zweifeln, ob Kradle nicht doch unschuldig ist.
    Zwei Handlungsfäden bilden das Gerüst des Thrillers: John Kradles Weg zum wahren Mörder seiner Familie und die Geschichte um einen flüchtigen Naziterroristen, der mit einem im Gefängnis geplanten Anschlag einen Rassenkrieg zu entfesseln gedenkt, in dessen Verlauf eine neue, von Weißen dominierte Weltordnung entstehen soll. Das sind allerding lächerliche Spintisierereien.

    Nicht ohne Humor sind die Zusammentreffen von Celine und Trinity, die endlich das berufliche Potential von Celine anerkennt und fortan Celine auf „Augenhöhe“ begegnet, ungeachtet des großen Unterschieds ihrer Körpergröße.