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  • Das zweitbeste Leben von Jones, Tayari

    Maxie aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Dana ist noch ganz klein, als sie im Kindergarten ein Bild von sich, ihrer Mommy und ihrem Daddy zeichnet. Aber warum ist ihr Vater deswegen so böse? Warum verbietet er ihr, solche Bilder zu malen? Er liebt sie und ihre Mama doch? Ja, das tut er, Dana ist seine Kleine, aber was in ihrem Zuhause vor sich geht, muss ein Geheimnis bleiben. Denn Dana und ihre Mutter sind James' zweite Familie, die geheime. Dana ist das geheime Kind, und die gleichaltrige Chaurisse ist seine echte Tochter.
    Denn James Whiterspoon ist ein Bigamist. Laverne ist seine Frau, sie hat ihn zuerst aufgetan, und Danas Mutter Gwendolyn hat die Ansprüche der anderen Frau immer respektiert. Aber auch Gwendolyn ist im Besitz offizieller Dokumente, die beweisen, dass sie mit James kurz hinter der Staatsgrenze zu Alabama vor einen Friedensrichter getreten ist, damit die wenige Wochen alte gemeinsame Tochter Dana kein uneheliches Kind war.
    Aber während die eine Familie, nämlich Laverne und Chaurisse, nichts von James' Doppelleben ahnt, wissen Gwen und Dana von Anfang an, dass sie immer im Hintergrund bleiben werden und immer Rücksicht nehmen müssen. Die beiden werden ihr ganzes Leben so führen, dass es Chaurisse gut geht. Alles, was sie hat, hat sie auf Kosten von Dana: "Ich mag das Wunder meiner Mutter gewesen sein, aber für meinen Vater war ich die andere Tochter."
    Der neue Roman von Tayari Jones war ein spannendes Gedanken-Experiment für mich. Wie oft kennt man nur die eine Seite einer Geschichte und ergreift automatisch Partei? Was passiert, wenn man beide Seiten kennt? Hier liest man zuerst Danas Geschichte, ist voller Mitgefühl für sie und Gwen und hält zu ihnen, die ja nur das zweitbeste Leben führen. Doch im zweiten Teil wird die Geschichte aus der Sicht von Chaurisse erzählt, und plötzlich ergeben sich ganz neue Aspekte. Plötzlich wird vor allem das Bild von Laverne viel schärfer, und ihre Geschichte, die wir durch ihre Tochter erfahren, geht einem besonders zu Herzen. Tayari Jones hat mit den Mädchen Dana und Chaurisse und den Müttern Gwendolyn und Laverne vier starke Frauen geschaffen, neben denen James für mich leider sehr blass blieb. Über seine Beweggründe, Gedanken und Gefühle hätte ich gerne mehr erfahren, vor allem, als es zum großen Knall kommt und sein wackliges Lügengebäude rund um seine beiden Familien ins Wanken gerät. Denn wieder wird die Parteilichkeit des Lesers in Frage gestellt. Unbedingte Leseempfehlung von mir!

  • Das zweitbeste Leben von Jones, Tayari

    Der Roman „Das zweitbeste Leben“ von Tayari Jones ist 2020 im Arche Verlag erschienen und umfasst in der gebundenen Ausgabe 346 Seiten.
    Tayari Jones, eine amerikanische Schriftstellerin, berichtet in ihrem Buch vom Leben des James Witherspoon, der aufgrund seiner bigamistischen Lebensweise gleichzeitig mit zwei Familien lebt. Seine beiden Töchter jeweils eine in jeder Familie, sind fast gleichalt. Während er die eine Beziehung offen nach außen lebt und diese Ehefrau und auch die Tochter nichts von der anderen Familie weiß, bleibt die andere Familie eher geheim allerdings mit dem Wissen um die andere.
    Und eines Tages musste es ja passieren: die beiden Töchter laufen sich über den Weg. Das Geheimnis von James bleibt nicht länger ein Geheimnis und dies bedeutet für die einen den totalen Zusammenbruch und für die anderen vielleicht etwas anderes.

    Tayari Jones hat sich mit ihrem Roman ein in meinen Augen kompliziertes Thema für einen Roman ausgesucht, denn es muss sicherlich sehr vielschichtig erzählt werden. Dies gelingt er so unglaublich gut. Sie geht wirklich in die Tiefe, schreibt schonungslos und offen und schafft ein Hineinfühlen für den Leser in beide Realitäten. Sie beschreibt die Auswirkungen auf die Ehefrauen und Töchter und auch die Verstrickungen untereinander, sie berichtet von den Wunden und Ängsten, von Chancen und Möglichkeiten und dies alles in einem sehr feinfühligen Ton. Der Schreibstil hat mir wirklich ausgesprochen gut gefallen und vor allem die stillen Passagen waren für mich sehr intensiv und schön zu lesen.

    Sehr fasziniert hat mich an dem Buch der Perspektivenwechsel, den Tayari Jones sehr bewusst setzt. Sie beschreibt zunächst das Leben aus der Sicht der einen Familie und dann aus Sicht der anderen. Im ersten Moment war ich als Leserin darüber etwas perplex, aber so verdeutlichte sich für mich als Leserin eine der wichtigsten Botschaften, die für mich das Buch transportiert, nämlich, wie wichtig es immer wieder ist, den eigenen Standpunkt zu überdenken und den Blickwinkel zu verändern.

    Fazit:
    Ein facettenreicher Roman zum Thema „Bigamie“ und den Auswirkungen für die jeweiligen Familien, der mir ausgesprochen gut gefallen hat.
    In meinen Augen realistisch und ohne Schnörkel und dennoch sehr feinfühlig und mit vielen Denkanstößen.

  • Wow, das Buch hat mir sehr gut gefallen. Schon der erste Satz "Mein Vater, James Witherspoon, ist Bigamist" hat schon gereicht und ich wollte wissen, wer dieser Vater ist und wie er Bigamie lebt. Ich hatte zuvor noch nie ein Buch darüber gelesen oder auch nur darüber nachgedacht, wie Bigamie im realen Leben so funktioniert. Das ist auch das was mir an Büchern so gefällt: man wird mit Themen konfrontiert, die man selbst so nicht so leicht finden würde.

    Der erste Teil des Buches ist aus der Sicht von Dana geschrieben, dem betroffenen, benachteiligten Kind, das verheimlicht wird. Diese Perspektive verleiht dieser außergewöhnlichen "Familiengeschichte" dann noch einmal mehr "Gefühlsechtheit". Ich fand auch die Rückblicke, wie es zu der Verbindung ihrer Eltern kam, so nachvollziehbar...damit das Kind kein Bastard wird (man muss die Zeit, in der das Buch handelt und auch die Hautfarbe der Protagonistin mitdenken – 1960er Jahre USA und dunkle Hautfarbe). Dana weiß, dass der Vater eine zweite Familie hat und sie und ihre Mutter ein Geheimnis sind.

    Der zweite Teil des Buches wird aus der Perspektive von Chaussine erzählt, der offiziellen Tochter. Auch sie ist nicht glücklicher in ihrem Leben, jedoch aus anderen Gründen, sie weiß ja nicht, dass der Vater eine zweite Familie hat.

    Was mir ganz besonders gut an dem Roman gefällt ist, dass der Vater (der Bigamist) hier kein hinterhältiger Typ ist, der Frauen ausnützt, sexsüchtig oder gar pervers ist. Hier ist jemand eigentlich aus Gutmütigkeit in eine solche Situation „gerutscht“. Die erste Frau wurde sehr jung schwanger, da hat er sie geheiratet, weil man Frauen in dieser Situation nicht alleine ihrem Schicksal überlässt. Und auch die zweite Frau wollte er aufgrund der ungewollten Schwangerschaft nicht alleine lassen...


    Ich fand den Roman so gelungen und gut erzählt. Die handelnden Personen so nachvollziehbar und realistisch, ich bin schwer begeistert von dieser Lektüre.

  • Das zweitbeste Leben von Jones, Tayari

    „Das zweitbeste Leben“ von Tayari Jones ist erschienen im Verlag Arche und erzählt die Geschichte von James Witherspoon, der in Atlanta lebt und nicht nur mit zwei Frauen verheiratet ist, sondern mit beiden Frauen eine fast gleichaltrige Tochter hat. Zur „offiziellen“ Familie gehören Laverne und Tochter Chaurisse, die „geheime“ Familie sind Gwendolyn und Tochter Dana.

    Als sie mit James eine Beziehung eingegangen ist, wusste Gwen, dass er bereits verheiratet ist, dennoch hat sie sich ganz auf ihn eingelassen. Dana hingegen konnte sich nicht frei entscheiden, sondern hat schon als kleines Mädchen erfahren müssen, dass sie ein „Geheimnis“ ist, und sie musste damit leben, auch damit, keinen wirklichen Vater zu haben. Jetzt, wo ich meine Rezension zu diesem Buch schreibe, spüre ich noch einmal ganz intensiv den seelischen Schmerz, den Dana ertragen musste.

    Es ist das erste Buch, das ich zum Thema Bigamie gelesen habe. Tayari Jones hat darin sehr eindrücklich, berührend und ausdrucksstark geschildert, mit welchen Lügen, Ängsten, seelischen Grausamkeiten und auch Verzichten Kinder wie Dana klarkommen müssen. Man denke beispielsweise nur daran, dass sie nicht einmal ihre Großeltern kennenlernen durfte.

    Im ersten Teil erzählt Dana von ihren Gefühlen und davon, wie es sich anfühlt, wenn man immer und bei jeder Gelegenheit nur die Nummer zwei ist, ein Geheimnis, minderwertig und weniger geliebt als die andere. Wie der Fußballspieler, der ein Spiel nur auf der Ersatzbank verbringen darf ... - nur schlimmer.

    Dana weiß, dass ihr Vater James, den sie mit „Sir“ anspricht, eine „echte“ Familie hat, Chaurisse und ihre Mutter hingegen haben von seinem Zweitleben keine Ahnung. Wie der Alltag in ihrer Familie aussieht, erfahren wir im zweiten Teil des Buches von Chaurisse. Es ist interessant und spannend, dieselbe „Sache“ aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Dabei kommen sowohl im ersten als auch im zweiten Teil Hintergründe aus der Vergangenheit ans Licht, die mich manches besser verstehen lassen, so auch die Beweggründe, die zur „Zweitfamilie“ geführt haben. Dennoch kann ich James‘ Tun auf keinen Fall gutheißen.

    Egal wie die Geschichte ausgeht: Ich bin mir nicht sicher, ob es am Ende jemanden gibt, der „Das zweitbeste Leben“ hat, sondern denke, dass keiner wirklich glücklich sein kann. Vielleicht ist es für alle dasselbe.